Energieaufkommen in Deutschland im Wandel
Energieflussbild 1995
Folgenden Text habe ich 2007 auf meiner alten Website veröffentlicht:
Ein gut gestaltetes Schaubild vermittelt manchmal mehr Informationen, als es zig Seiten Text könnten. Kürzlich war in einer Uni-Vorlesung das Thema “Energieaufkommen in Deutschland”, in dessen Rahmen auch die obige Grafik behandelt wurde. Für mich weist diese Grafik eine unglaubliche Informationsdichte auf, und deswegen habe ich mich gleich nach der Vorstellung auf die Suche gemacht, da ich sie hier veröffentlichen wollte – ich finde sie sowohl aus grafischer als auch inhaltlicher Sicht höchst erwähnenswert.Eine Kostprobe, was man aus dem Bild alles herauslesen kann:
erschöpfliche Energie: 15.266 PJ
unerschöpfliche Energie: 89 PJVon diesen 89 PJ stammen 77 PJ aus Wasserkraft, die wir schon seit Jahrhunderten nutzen und in dieser Größenordnung schon seit Jahrzehnten (1979, alte Bundesländer: 76 PJ). Das heißt: Die übrigen Energiespeicher und Energiequellen (Erde, Wasser, Luft und Solarstrahlung) haben einen Anteil am Primärenergieaufkommen von 12 PJ, das sind 0,78 Promille der gesamten Primärenergie in Deutschland!
(Grafik und Text: Kaspar-Sickermann, Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg)
Übrigens: Seit der Liberalisierung des Strommarktes werden derartige Daten leider nicht mehr öffentlich zugänglich gemacht, so dass es keine aktuelleren, ähnlich erschöpfenden Grafiken mehr gibt.
Energieflussbild 2010
Inzwischen veröffentlicht die AG Energiebilanzen e.V. auch aktuelle Energieflussbilder, wenn auch nicht ganz so detailliert wie die 1995er Grafik.
Was hat sich zwischen 1995 und 2010 geändert?
- Der Primärenergieverbrauch ist minimal gesunken – von 14 269 Petajoule (PJ) auf 14 217 PJ.
- Die unerschöpfliche Energie (“Erneuerbare”) ist von 89 PJ auf 1440 PJ gestiegen – also ein Anstieg auf das 15-fache.
- Die Anteile der fossilen Primärenergieträger Kohle und Öl sind gesunken (Kohle: 3839 PJ => 3316 PJ; Öl: 6420 PJ => 5586 PJ;), der Anteil von Gas ist deutlich gestiegen (2943 PJ => 3947 PJ).
- Die Stromimporte sind leicht gestiegen (143 PJ =>152 PJ), die Stromexporte deutlich stärker (126 => 216 PJ).
- 1995 lag der Energienutzungsgrad (Verhältnis Nutzenergie : Primärenergie) bei 32,8%. Leider zeigt das Schaubild von 2010 lediglich den Endenergieverbrauch. Beim Verhältnis Endenergie : Primärenergie hat sich wenig geändert (65,2% => 65,5%).
Erklärung zu den Energieformen:
- Primärenergie: Energieträger, wie sie in der Natur vorkommen (Beispiel: Kohle)
- Endenergie: Energieform, die dem Verbraucher zur Verfügung steht (Beispiel: Strom)
- Nutzenergie: Energieform, die der Verbraucher tatsächlich nutzen will (Beispiel: Licht der Glühbirne)
Die ökologische Rolle der Energieeffizienz
Mit Blick auf das Energieflussbild von 1995 wird also deutlich, dass alleine im letzten Schritt der Energiewandlungskette, also der Umwandlung Endenergie zu Nutzenergie fast die Hälfte der Energie verloren geht! In den Haushalten ist hier der größte Einzelposten die Raumwäre, beim Verkehr die mechanischen Verluste.
Die von der Politik angestrebte Verbesserung der Wärmedämmung in Haushalten ist also unter diesem Gesichtspunkt tatsächlich sehr sinnvoll.
Beim Verkehr wird die Sache schon wieder etwas komplexer: Auf der einen Seite haben haben Elektromotoren mit über 90% einen weit höheren Wirkungsgrad als Verbrennungsmotoren mit maximal 45%, die mechanischen Verluste sinken also deutlich. Auf der anderen Seite fallen jedoch bei der Umwandlung von Rohöl zu Benzin oder Diesel weit geringere Verluste an als bei der Stromerzeugung. (Siehe auch: “Kritik am ökologischen Nutzen der Elektromobilität” auf Ingenieur.de)