Steigende Stromexporte trotz Energiewende/Kernenergie-Moratorium?
In den ersten Monaten nach dem Inkrafttreten des Kernenergie-Moratoriums stand zu befürchten, dass Deutschland in Zukunft verstärkt von Stromimporten abhängig sein würde. In der Tat ließ sich in der Stromhandelsbilanz eine deutliche Veränderung vom Export zum Import beobachten (vgl. Fortschreibung des Berichts der Bundesnetzagentur zu den Auswirkungen des Kernkraftwerk-Moratoriums (26. Mai 2011) (pdf/2 MB), Abb. 3, S. 7).
Trotzdem macht momentan die Schlagzeile die Runde, dass die deutschen Stromexporte 2012 stark gestiegen sind (siehe z.B. ZEIT Online, Spiegel Online). Dazu folgende Anmerkungen:
- Laut ENTSO-E ist die Handelsbilanz (Exporte minus Importe) von 2011 auf 2012 tatsächlich enorm gesteigen, und zwar von 6266 GWh auf 23 096 GWh, also fast auf das Vierfache.
- Allerdings war 2011 das Jahr mit der schwächsten Handelsbilanz der letzten 10 Jahre, 2008 war die Bilanz mit 22 450 GWh ähnlich hoch wie 2012.
Aufgrund des starken Ausbaus von Wind- und Solarstrom ist das deutsche Stromnetz viel extremeren Schwankungen ausgesetzt. Ich zitiere die Bundesnetzagentur:
[Sowohl] die Exporte nach Österreich als auch die Importe aus Dänemark und Schweden [sind] deutlich angestiegen. […] Diese Entwicklung dürfte zu einer verstärkten Auslastung der Nord-Süd Trassen beitragen.
(Quelle: Bericht zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversorgung im Winter 2011 / 2012 (pdf/5 MB), S.14)
Tatsächlich darf sich Deutschland also erneut “Stromexport-Europameister” (Manager-Magazin) nennen. Allerdings wird dieser Titel nur durch unsere Nachbarländer möglich, die Schwankungen im deutschen Stromnetz durch Ex- oder Import ausgleichen. Und wenn diese mal die Türe zumachen? Dann sollten wir hoffen, dass der innerdeutsche Netzausbau bis dahin weit genug fortgeschritten ist bzw. genügend Speicherkapazitäten vorhanden sind, dass wir auch alleine die Netzstabilität trotz Fluktuation der Erneuerbaren sicherstellen können.