Grünes Gewissen um jeden Preis
Die erneuerbaren Energien werden für die Zukunft der globalen Energieversorgung aus meiner Sicht eine zentrale Rolle spielen. Nur stellt sich die Frage, wie wir den Weg dorthin beschreiten wollen. Pragmatisch, überlegt und mit technischem Sachverstand? Oder im Hau-Ruck-Verfahren, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, welche Maßnahme wann sinnvoll ist?
Die deutsche Energiewende beschreitet bislang aus meiner Sicht den zweiten Weg: Einfach mal drauf los werkeln, ohne groß über die Konsequenzen nachzudenken. Hauptsache, man hat am Ende ein grünes Gewissen. Ob sich tatsächlich etwas zum besseren ändert, ist dabei zweitrangig.
Wohin führt dieser blinde Aktionismus? Nun, immerhin haben wir jetzt im Norden Windräder, wohin das Auge blickt, und im Süden reckt jede zweite Scheune ihr Photovoltaik-bestücktes Dach gen Himmel. Das Resultat? Hierzu ein paar Zitate aus dem Artikel “Erdgas gegen den Klimawandel” (Der Spiegel 12 / 2013 vom 18.03.2013):
Allein die bestehenden Solaranlagen werden in den nächsten 20 Jahren mit 100 Milliarden Euro subventioniert, obwohl diese derzeit nur 0,5 Prozent des Energiebedarfs decken. […]
Bis zum Ende des Jahrhunderts werden die mit 100 Milliarden Euro subventionierten deutschen Solaranlagen den weltweiten Temperaturanstieg gerade mal um 37 Stunden hinauszögern. […]
Rational handelnde Länder wie China und Indien werden erst dann auf erneuerbare Energiequellen setzen, wenn diese billiger sind als fossile Brennstoffe. […]
Man stelle sich einmal vor, was deutsche Forscher und Ingenieure mit jenen 100 Milliarden Euro hätten erreichen können, die in ineffiziente Solaranlagen gesteckt wurden. […]
Ich stimme sicher nicht allen Thesen des verlinkten Artikels zu. Das Problem des amerikanischen Frackings ist ähnlich zum Problem der deutschen Photovoltaik: Eine Technologie wird großtechnisch angewandt, bevor sie ausgereift ist. Und natürlich werden die deutschen Anstrengungen alleine keine Auswirkungen auf die globale Klimaentwicklung haben. Doch das Motto “Solange die anderen sich nicht ändern, mache ich das auch nicht” hilft niemandem weiter.
Aber wenn wir schon viel Geld in die Hand nehmen, müssen wir uns umso mehr Gedanken machen, ob dieses Geld auch sinnvoll investiert ist. Wenn eine Technologie noch nicht marktreif ist, muss sie weiter verbessert werden, bis sie Marktreife erlangt.
Strom aus Solar- und Windkraft ist weiterhin zu teuer und nicht mit dem bestehenden System vereinbar (Stichwort Netzstabilität). Trotzdem werden diese Technologien blind subventioniert und dem bestehenden System übergestülpt. Viel besser wäre es doch, diese Techologien solange zu verbessern, bis ihre Kosten sinken (Wirkungsgrad verbessern, Fertigungskosten senken) und das System so anzupassen, dass es mit der neuen Technik kompatibel ist (Energiespeicher entwicklen, Netzflexibilität erhöhen). Das geht nicht über Nacht, sicher. Aber dafür hat man am Ende eine wirtschaftliche und technisch stimmige Lösung, anstelle nur viel Geld in wenig Nutzen investiert zu haben.